Kategorie-Archiv: Werkzeuge

HOBEL

 

Dies ist ein Artikel, der ab Juni 2024 neu aufgebaut wird und in dem die Werkzeugfamilie der Hobel neu dargestellt wird. Die alte Darstellung im Rahmen der Werkzeuge des Wagners bleibt weiterhin erhalten, weil diese neue Fassung sicher einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Ich beabsichtige, meine Hobelsammlung komplett neu zu katalogisieren, zu inventarisieren und hier umfassend zu dokumentieren.

Ich gehe bei der Erstellung dieses Artikels nicht systematisch vor, bearbeite aber immer eine Hobelsorte, die später erst in die Gesamtsystematik eingeordnet wird.


Anfang Juni 2024 begann ich mit der wohl für Ausstellungszwecke attraktivsten Hobelsorte, den Nut- und Simshobeln mit justierbarer Führung.

Ein Hobel ist ein Zerspanungswerkzeug, in dem ein Messer eingespannt ist, das mit dem Hobelkörper geführt werden kann. Die Form des Messers (bzw. der Messer) und die Form der Führung sind enorm vielgestaltig, was zu einer schwer zu übersehenden Vielfalt von Hobeln führt.
Da sowohl die Form des Messers feststeht als auch die Form der Führung zur Erreichung des Ergebnisses vorgegeben ist, musste für jeden dieser Zwecke ein eigener Hobel zur Verfügung sein.
Eigentlich ist ein Hobel ein für einen bestimmten Zweck geformtes Schnitzmesser, das in einen Griff mit weiteren Führungseigenschaften eingekeilt ist.
Heute wird alles, was früher mit Hobeln gestaltet wurde, von computergesteuerten Fräsen übernommen. Es gibt Verwendungszwecke von Hobeln, die so spezialisiert sind, dass sie nur für einen bestimmten Arbeitsgang in nur einem bestimmten Beruf verwendet werden – z.B. der als “Gargelreißer” bezeichnete Nuhobel, mit dem ein Küfer die Nut für Fassboden und Fassdeckel einschneidet.

 

GRUNDSÄTZLICHE KONSTRUKTIONSUNTERSCHIEDE VON HOBELN

HOBELKÖRPER

  • aus Holz
  • aus Holz und Metall
  • aus Metall
  • Hobelkörper ohne weitere Führung oder Anschlag
  • Hobelkörper mit Anschlag bzw. Anschlägen
  • Hobelsohle mit verstellbarem Spalt zwischen Messer und davor liegender Hobelsohle (Hobelmaul)

MESSER

  • Einfaches Messer
  • Messer mit Klappe (Doppelhobel)
    Die Klappe sorgt dafür, dass der abgehobelte Span bricht und ausgeworfen wird.
  • Messer mit Verstellmechanismus für die Klappe

 

Hobelkorpus aus einer Holzsorte

Hobelkorpus mit Hobelsohle aus härterem Holz

 

Hobelsohle aus Metall
 

Hobel mit Holzlager für den Befestigungskeil, mit dem das Messer fixiert wird

Hobel mit Metallblock für den Befestigungskeil

Hobel mit metallenem Anschlagpunkt zur Lockerung des Messers

 

MESSER

Einfaches Messer
 

Messer mit Klappe (Doppelhobel)

     

Messer mit Justiervorrichtung für die Klappe
   

 

 

Messer mit Aufnahmenippel für die Justierschraube

… aber nicht genutzt

 

HOBELFORMEN

HOBEL OHNE FÜHRUNG (außer der Hobelsohle)

SCHWEIFHOBEL

An den Schweifhobeln ist die Genese von der holzbasierten Einzelanfertigung durch den Nutzer zur industriellen metallbasierten Serienproduktion gut ablesbar.

  • Schweifhobel mit Holzfassung
  • Schweifhobel mit Metallfassung

HOBELFORMEN (durch das Messer bestimmt)

  • Schrupphobel
    Mit Schrupphobeln wurde Holz grob abgetragen
  • Schlichthobel (Putzhobel)
    Mit dem Schlichthobel wurde die durch den Schrupphobel gefurchte Fläche “geschlichtet”, also geglättet.
  • Zahnhobel

 

RAUHBANK

Die Rauhbank ist ein Langhobel zur Bearbeitung von Flächen (Bretter, Balken) mit dem typischen Längenmaß von 60 cm.
Sie wird seit dem Aufkommen der Hobelmaschinen und Abrichten (1900 – 1925) (fast) nicht mehr gebraucht.

 

 

 
12 Rauhbänke und 11 Schlichthobel auf einer über 50 Jahre abgelagerten Kirschbaumdiele

 

SCHLICHTHOBEL / DOPPELHOBEL

 
Drei Dutzend Schlichthobel auf einer über 50 Jahre abgelagerten Kirschbaumdiele

 

HOBEL MIT FÜHRUNG

NUTHOBEL

Mit einem Nuthobel wird eine Nut in ein Werkstück eingeschnitten.

Typische Anwendungsformen sind z.B. die Führungsnut in einem Möbelstück für die darin angebrachten Schiebetüren oder Schiebefenster oder auch die Nut für die Einfassung eines Schubladenbodens. Die Nut in einem Holzzuber, die „Gargel“, in der der Boden eingefügt wird, auch die Nuten im Holzfass, in denen Boden und Fassfront eingefügt werden, haben dagegen ein größeres Maß, sodass die feineren Nuthobel des Schreiners für Schiebefenster oder Schubladenböden leicht von den “Gargelreißern” eines Küfers unterschieden werden können.

Im Wesentlichen gibt es dazu 3 Parameter, für die ein Maß festzulegen ist:

  1. die Breite der Nut
  2. die Tiefe der Nut und
  3. der Abstand der Nut vom Rand des Werkstückes.

Meist sind die Maße der Nut selbst, also Breite und Tiefe, durch das Messer und dessen Führung festgelegt und es wird nur 1 weiterer Parameter (variabel) bestimmt: Der Abstand der Nut vom Rand des Werkstückes.

Die besonderen Formen dieser justierbaren Führung machen diese Hobel als Ausstellungsstücke interessant.


Dies ist ein englischer Hobel. Englische Werkzeuge waren auch zum Gebrauch für den Dorfhandwerker gegenüber dem Standard in Deutschland ziemlich aufwändig gemacht. Von den Maßen her könnte dies ein englischer “Gargelreißer” für den Gebrauch durch einen Küfer sein.

 

LISTE DER NUT-HOBELARTEN

Nuthobel ohne Führung (Anschlag)

GH Grundhobel 7
NH
Nuthobel ohne Führung 2

Nuthobel mit Führung (Anschlag, Anschlägen)

GR Gargelreißer 5
FH2jA Federhobel mit 2 justierbaren Anschlägen 1
NH+FH Paar Nut- und Federhobel 1
NHA Nuthobel mit festem Anschlag 2
NH1jA Nuthobel mit 1 justierbaren Anschlag 1+1
NH1jAE Nuthobel mit 1 justierbaren Anschlag, Eisen 1
NH2jA Nuthobel mit 2 justierbaren Anschlägen 9+3
    33

 

PORTRAITS

NUTHOBEL

Nuthobel ohne Führung (Anschlag)

Die einzige Führung, die dieser Hobel hat, ist – wie bei jedem Hobel – die Hobelsohle selbst.

Grundhobel

Die rudimentärsten Beispiele, die ich dafür habe, belegen die Theorie, dass viele Werkzeuge vom Holzhandwerker und “seinem” Schmied selbst hergestellt wurden. Der Schmied produzierte das Hobelmesser, dessen Halterung und Führung vom Holzhandwerker hergestellt wurde.

 

GH01

 

GH02


Dieser Grundhobel ist ohne Messer

 

Die weiteren Grundhobel folgen einer allgemein eingeführten Formgebung, die zum Standard für diese Hobelform wurde. Die im Detail unterschiedlichen Ausführungen zeigen aber, dass die Hersteller zwar dieser Formgebung folgen, in den Maßen aber keiner weiteren Norm folgen.

GH03

 

GH04

 

GH05

 

GH06

 

GH07

 


Nuthobel ohne Führung

NH01

 
Nuthobel für schmale Nut, ohne Führung – z.B. für Schiebeglastüren an Wohnzimmerschränken oder Schubladenböden.

NH02

 

 
Nuthobel für breitere Nuten ohne Führung. Der Hobel besitzt einen beidseitig wirkenden Flankenschneider und ist mit einer eingebrannten Besitzerkennung gemarkt.

 

Nuthobel mit Führung

Gargelreißer
Mit dem Gargelreißer hobelt der Küfer die Nuten im Fass aus, in die Boden und Decke des Fasses eingefügt werden.

Ein Gargelreißer hat 3 Messer: Außer dem Messer, das die Nut aushobelt, schneiden zuerst zwei seitlich angebrachte Messer die Flanken der Nut aus dem Holz. Damit entsteht eine saubere Nut ohne ausgefranste Flanken.

Der zweite Teil außer dem Hobelkörper, der die Messer hält, ist über drei hölzerne Gewindeführungen am Hobelkörper befestigt und wird am Fassrand geführt. Damit kann der Abstand zwischen Fassrand und Nut fest eingestellt werden.

 

GR01

  Messerführung aus Holz

GR02

  Messerführung aus Messing

GR03

 
Messserführung aus Messing, eingebrannte Initialen AK

GR04

 

GR05

 
Zu diesem Gargelreißer fehlt die Führung. Ich habe dazu nur die Messerhalterung in der Sammlung.

 

Federhobel mit zwei justierbaren Anschlägen

FH2jA01

 

Mit dem Holzanschlag wird der Abstand der Nut vom Rand des Werkstückes bestimmt (wie beim Gargelreißer). Statt einem Messer gibt es zwei einzelne Messer, deren Abstand variabel gestaltet werden kann. Außerdem kann der zweite Metallanschlag verschoben werden. Damit wird die Breite der Feder bestimmt.

 

Nut- und Federhobel

NH+FH01

 

Dieses Paar von Nut- und Federhobel ist aufeinander abgestimmt. So passt die Feder auch exakt in die Nut.

 

Nuthobel mit festem Anschlag

NHA01 und NHA02

 

Der Anschlag ist ein Teil des Hobelkörpers. Damit kann eine Nut in einem standardisierten Abstand vom Rand des Werkstückes gehobelt werden, z.B. für eine Schiebetür im Schrank oder für die Bodenplatte einer Schublade.

 

Nuthobel mit 1 justierbaren Anschlag

NH1jA01

 

NH1jA02

   
Brandzeichen, Initialen des Besitzers
Dieser Hobel ist unvollständig. Es fehlt das Messer.

 

Nuthobel mit 1 justierbaren Anschlag, Eisen

NH1jAE01
 

Der Hobelkörper mit der Messerhalterung ist in diesem Fall aus Eisen. Nur der justierbare Anschlag ist aus Holz. Interessant ist, dass im Eisenteil des Hobelkörpers die hölzernen Gewindestangen für den Anschlag eingelassen sind.
Der hölzerne Anschlag ist mit einer Hartholzsohle verstärkt.

An der Stirnseite des Holzkörpers ist der Schriftzug des Herstellers eingeschlagen:
ERNST LUCKHARDT
ISERLOHN


Das Eisenteil trägt den Schriftzug “DEPONIRT”

Das Messer ist mit dem Herstellerschriftzug “ERNST LUCKHARDT” versehen (wobei einige Buchstaben nicht wirklich deutlich zu erkennen sind).

Das Eisenteil ist mit einer Aufnahme für eine weitere Führung ausgestattet, die aber nicht genutzt ist.



Nuthobel mit 2 justierbaren Anschlägen (alle ohne Flankenschneider)

Alle Hobel aus dieser Kategorie haben keine Flankenschneider für die Nut.
Das Holzteil, das über die Holzgewinde fixiert wird, bestimmt den Abstand der Nut vom Rand des Werkstückes und der mit Flügelschraube fixierte Metallanschlag bestimmt die Tiefe der Nut.
Es gibt Metallteile aus Eisen und welche aus Messing.

NH2jA01
 


NH2jA02
 



NH2jA03
 









NH2jA04
 



NH2jA05
 

 

 

NH2jA06
 

NH2jA07
 



 



NH2jA08


NH2jA09
 

 
 


NH2jA10
Es fehlt das Messer und der Befestigungskeil für das Messer

NH2jA11

Es fehlt das Messer und der Befestigungskeil für das Messer.

NH2jA12

Es fehlt das Messer und der Befestigungskeil für die Halterung des Messers.



SIMSHOBEL

LISTE DER SIMS-HOBELARTEN

SH Simshobel ohne Führung (Anschlag)  
SHA Simshobel mit festem Anschlag, rechtwinkliger Sims 8
SH2A
Simshobel mit zwei festen Anschlägen 1
SHAs
Simshobel mit festem Anschlag, schräger Sims 2
SH1jA
Simshobel mit 1 justierbaren Anschlag, rechtwinkliger Sims 2
SH1jAs Simshobel mit 1 justierbaren Anschlag, schräger Sims 6+2
SH2jA
Simshobel mit 2 justierbaren Anschlägen, rechtwinkliger Sims 5
SH2jAs Simshobel mit 2 justierbaren Anschlägen, schräger Sims 1
    27

 

Simshobel mit Führung (Anschlag)

  • rechtwinkliger Sims
  • schräg angesetzter Sims
  • rechtwinklig stehendes Messer
  • schräg stehendes Messer

 

PORTRAITS

Simshobel mit festem Anschlag, rechtwinkliger Sims

SHA01+SHA02

 
SHA01 ist ungewöhnlich lang, SHA02 ist ohne Messer
SHA01 hat ein schräg stehendes Messer.
SHA02 verfügt trotz einfacher Gestaltung über Zierelemente.

SHA03, SHA04, SHA05

 
SHA05 hat eingebrannte Initialen und ein Messer mit Herstellerprägung
 

SHA06, SHA07, SHA08

 

SH2A01

 
Dieser Simshobel ist original mit 1 Anschlag. Dieser wurde vom Benutzer angepasst und ein zweiter Anschlag hinzugefügt.

 

Simshobel mit festem Anschlag, schräger Sims

SHAs01+SHAs02

 


Schräger Sims

 

Simshobel mit 1 justierbaren Anschlag, rechtwinkliger Sims

SH1jA01 (rechtwinklig stehendes Messer)

 

 

SH1jA02 (schräg stehendes Messer) 

 



 

 

Simshobel mit 1 justierbaren Anschlag, schräger Sims


Diese Simshobel enthalten einen Flankenschneider
Der zweite Hobel (SH1jAs02) wurde als mit zwei Anschlägen versehen neu inventarisiert als SH2jAs01.

Nicht nur der Sims ist schräg, sondern auch die Messer sind schräg angesetzt.

Die Kante der Simsführung ist durch eine Hartholzeinlage verstärkt.

 

 

SH1jAs01

 
Anschlag aus Holz

 

 

 

SH1jAs02 (neu unter SH2jA01)

 

SH1jAs03

 


Die Führung ist – wie bei den nächsten beiden Hobeln – aus Messing.

 

SH1jAs04

 

 

SH1jAs05

 


 

 

 

SH1jAs06

 
Die justierbare Führung ist aus Aluminium
 


SH1jAs07
        
Die Messer und der Befestigungskeil für das Nutmesser fehlen. Der Hobel trägt die Initialen des Besitzers als Brandzeichen.

SH1jAs08

 
Simshobel für schrägen Sims und schräg stehendem Messer und Flankenschneider.
Der Anschlag fehlt. Die Kante ist durch Kantenschutz verstärkt.

 

Simshobel mit 2 justierbaren Anschlägen, rechtwinkliger Sims

SH2jA01

 

 

SH2jA02

 

SH2jA03

 

 

SH2jA04

 

SH2jA05

 

 

 

Simshobel mit 2 justierbaren Anschlägen, schräger Sims

SH2jAs01

 


(Achtung: Neue Inventarnummer!)
Der Anschlag (horizontale Führung) ist aus Eisen. Zusätzlich gibt es eine verschiebbare Holzkulisse über der Flankenseite der Nut, die eine zweite vertikale Führung darstellt.

 

 

LINKS

https://www.hobelaustria.com/

https://www.holzwerken.de/museum/index.phtml

https://www.zinkenundzapfen.com/hobel-arten/

https://de.wikipedia/wiki/Hobel

 

 

 

 

 

Aktuelle Projekte

 

Unabhängig von der Struktur auf dieser Homepage bin ich immer wieder an Projekten, die noch nicht strukturiert veröffentlicht wurden.

Diese kann ich hier kurz skizzieren.

Aktuell – Sommer 2024 – gestalte ich die Homepage für HOBEL neu.
Nebenbei entstand ein Ausstellungsstück für meine angedachte Sonderausstellung zur Hobel-Sammlung.

 
12 Raubank-Hobel und 11 Schlichthobel auf einer über 50 Jahre abgedeckt im Freien abgelagerten Kirschbaumdiele.
(Weitere Dielen dieses Kirschbaumstammes unter https://wagnerei.franzjoerg.de/ausstellungen/#A00072014, ab Juli 2014, Sonderausstellung im Haus Kast, Hörden)


Ungewöhnliches aus meiner Hobelsammlung

 
Der zweite Hobel ist ein Wangenhobel, mit dem die Flanken einer großen Nut ausgehobelt werden können (z.B. die Aussparung an der Unterseite des Achsenstockes für die Aufnahme der Achse).

 
Eine kleine Version eines Schiffhobels

Im weiteren drei Nuthobel mit einfacher Fassung als Hobelkörper, die ersten beiden mit Anschlag.
 

 
 

Alle diese Beispiele sind Belege dafür, dass Werkzeuge vor der Industrialisierung vom Holzhandwerker und “seinem” Schmied als Werkzeugmacher auch in handwerklicher Einzelfertigung angefertigt werden konnten. Dies hat sich im Dorfhandwerk mangels Einkaufsmöglichkeit und aus finanziellen Gründen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein gehalten.

Bei fast allen Beispielen handelt es sich um Hobel, zu denen ich den Verwendungszweck nur ahnen kann.
Wenn jemand für mich Hinweise dazu hat, freue ich mich über eine Kontaktaufnahme über die Mailadresse wagnerei(at)franzjoerg.de

 

KASTENWINDEN

Diese waren die Wagenheber, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als besondere Meisterleistung von Schmieden weite Verbreitung fanden. Schon vor 1850 gab es noch durchweg von Hand geschmiedete Exemplare. In den darauf folgenden Jahrzehnten kamen immer mehr industriell gefertigte Teile zur Verwendung. Nach 1900 konnte ich  bisher keine Exemplare dokumentieren.

Da diese Winden schon Prachtstücke der Schmiedearbeit waren, wurden die meisten signiert. Oft findet man die Jahreszahl der Herstellung, den Namen des Schmieds und seine Zeichen.

Ich interessiere mich nur für Kastenwinden mit Schmiedewerk und hölzernem “Kasten”, der vom Wagner hergestellt wurde. dieser ist immer ein massiver Holzblock, in den die Aussparungen für das Werk und die Zahnstange von Hand eingebohrt oder eingeschlagen wurden.

Es gibt Kastenwinden mit und ohne Greifer unten an der Zahnstange (auf der Rückseite der Winde).
Die Übersetzung funktioniert außer dem Ritzel an der Kurbelstange mit einem oder mit zwei Zahnrädern.

Aktuell (Juli 2020) restauriere ich eine Kastenwinde von J.H. Kalsbach, leider ohne Jahreszahl.


Die Winde in von außen entrostetem und gesäuberten Zustand


Der Name des Schmieds befindet sich wie meist auf der Zahnstange, allerdings in diesem Fall an versteckter Stelle auf der Innenseite der Zahnstange unten.


Das Werk besteht aus drei Teilen, das Antriebsritzel und zwei Zahnräder für die Übersetzung. Das kleine Ritzel unter dem großen Zahnrad (an derselben Achse) treibt die Zahnstange an.

  Die restaurierte Winde



Diese Zahnstange besitzt außer dem Kopfstück zum Einhängen der Hebeketten auch einen Greifer am Fuß. Nicht jede Kastenwinde besitzt einen solchen Greifer.
Die Zähne zeigen, dass die Kastenwinde keinen Gebrauchswert mehr hat. Im mitteren Bereich sind die Zähne nach oben gebogen und abgenutzt. Ein Zahn ist abgebrochen. Oben und unten zeigen die Zähne noch die ursprüngliche Dimension.

 

Eine weitere inzwischen restaurierte Winde ist von

Die Zahl ist eine Produktionsnummer und keine Jahreszahl. Die 23 steht für die 23 Einbuchtungen der Zahnstange.

Das Werk dieser Winde hat nur ein großes Zahnrad.

 

Der Heimatverein Nagold recherchierte für mich zur Firmengeschichte:

Die Herstellung von Winden in Nagold begann 1909, als der Schlosser Friedrich Benz sen. ein Gebäude am Mühlkanal in Nagold erwarb. Friedrich Benz sen. führte Schlosserarbeiten aus, stellte Hebewinden her, die vorwiegend in der Forstwirtschaft benötigt wurden, handelte mit Fahrrädern und Nähmaschinen und betrieb eine Landwirtschaft. Später nahm er die Fabrikation von Kunsteis für Metzgereien und Gastwirtschaften auf.

1922 übernahm der Schlosser Friedrich Benz jun. den Betrieb (Schlosserei und Windenfabrikation) von seinem Vater. 1924 gründete er mit Walter Koch die Firma Benz & Koch Automobile. Es folgte eine Tankstelle, eine Reparaturwerkstatt und der Handel mit Kraftfahrzeugen. Omnibusbetrieb mit mehreren Verkehrslinien. 1943 wird die Windenwerkstatt aufgestockt. Es verlässt kein LKW und Omnibus das Magiruswerk in Ulm ohne eine Benzwinde.

 1948 setzt der Handel mit Opel und Magirus wieder ein, Wiederaufbau des Omnibuslinienverkehrs. Weniger Hebewinden werden hergestellt, sondern moderne Möbelgestelle u.a. für die Nagolder Firma Rolf Benz. Anfang der 1960er Jahre wurde die Windenproduktion eingestellt.

 
Dazu muss angemerkt werden, dass die Zeit der Kastenwinden mit Holzkorpus zwischen 1850 und 1900 liegt. Die Produktion für das Magiruswerk basierte aber sicher auf Winden mit Stahlkorpus.
Oben portraitierte Winde wurde wohl schon vor 1900 hergestellt.

Eine weitere Winde ist schon restauriert:

Ich besitze inzwischen 7 Kastenwinden, die ich später noch auf der HP insgesamt portraitieren werde.

Die drei zuletzt restaurierten sind hier:

 

Eine weitere Kastenwinde konnte ich aus dem Bereich Landsberg Anfang September 2021 bekommen.

So zeigt sie sich im Zustand, in dem ich sie erhalten habe:

Vor und nach der Restaurierung:

An und in der Winde gab es keinen Hinweis auf den Hersteller oder das Fertigungsjahr.
Die römische Zahl VII auf den einzelnen Teilen bezeichnet aber den internen Produktionstyp.

 

ACKERWAGEN

Ich bekam im März 2020 einen Ackerwagen aus der Gegend um Horb/Neckar in die Sammlung.
So präsentiert er sich nach der groben Reinigung:



Nach der Reinigung ist zu erkennen, dass die Hinterräder nicht original zu diesem Wagen gehörten. Sie wurden nachträglich angepasst. Deshalb besitzt die Vorderachse auch andere Radkappen (Achsnägel) als die Hinterachse.
Dabei gibt es auch ausgefallene Lösungen:

Nach der Entrostung:

 

BOHRER

Unter “WERKZEUGE” ist zu sehen, dass die Beschreibung seit Jahren bei den Bohrern stagniert.
Dies liegt daran, dass dieser Werkzeugbereich sehr vielgestaltig ist und ich dazu sehr viele Beispiele in der Sammlung habe.

Es kommen auch immer wieder neue Ausstellungsstücke hinzu.
Dabei sind immer auch wieder “missing links”, also Belegstücke aus der Genealogie der Werkzeugentwicklung, die ich noch nicht in der Sammlung hatte.
Z.B. ein Drillbohrer komplett aus Holz, eine Bohrleier aus Holz oder ein Bohrersatz eines Zimmermanns, den dieser mit auf die Baustelle nahm, bestehend aus 3 Einzelbohrern (früher mit hölzernem Heft benutzt) mit Rätsche und Haltegriff.